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„Kulturelle Sensibilisierung ist ein absolutes Muss in Zeiten von Fachkräftemangel“

Diverse Teams und familienfreundliche Strukturen sind entscheidend für den Erfolg von IT-Unternehmen in Zukunft, weiß Sarah Fox, Personal- und Marketingverantwortliche beim Bremer Ecommerce-Dienstleister Wamoco GmbH. Der setzt auf Vielfalt und Flexibilität, um sich Fachkräfte zu sichern.

Vier Nationen, vier Religionen und Kulturen – bei einem Team von nur zehn Beschäftigten kann man bei Wamoco von einer „bunten Vielfalt“ sprechen. Die Bremer IT-Agentur hat sich als Onlineshop-Expertin auf die weit verbreitete Shopsoftware „Magento“ spezialisiert und unterstützt Unternehmen, Onlineshops passgenau zu entwickeln. Während die Firmenkundinnen und Kunden vor allem aus Deutschland kommen, stammt das Personal aus der ganzen Welt: Aus China, Indien, Syrien und Deutschland.

Gemeinsames Verständnis schaffen

Eine Vielfalt, die das Unternehmen sehr wertschätzt, die aber auch gerade zu Beginn für eine steile Lernkurve sorgte, so Sarah Fox, Personal- und Marketingverantwortliche: „Wir mussten uns zu Anfang über grundlegende Dinge wie Zeitmanagement, Meetingkultur, Kommunikationsstrukturen und Absprachen erst einmal verständigen. Im agilen Software-Bereich ist Kommunikation besonders wichtig und bei einem interkulturellen Team noch mehr.“

Dasselbe Verständnis von grundlegenden Begriffen zu haben, sei unverzichtbar, um sich aufeinander verlassen zu können. Genauso bedeutsam sei es, auf die Besonderheiten jeder Kultur einzugehen. Das Unternehmen berücksichtigt wichtige religiöse Feiertage, wie zum Beispiel das muslimische Zuckerfest, und plant mögliche Urlaubszeiten schon zu Beginn neuer Projekte ein.

„Kulturelle Sensibilisierung ist ein absolutes Muss in Zeiten von Fachkräftemangel“

Fox glaubt, dass die Wirtschaft von mehr kulturellem Verständnis enorm profitiere und sich so mehr Fachkräfte erschließen könne. „Es reicht schon, wenn man ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass Kulturen Dinge unterschiedlich bewerten und gewichten und man da einen gemeinsamen Nenner finden muss, aber auch kann.“

Dabei müsse man jedoch aufpassen, nicht auf Pauschalisierungen und Klischees zurückzugreifen und sich bewusst sein, dass ein kultureller Hintergrund nicht die komplette Persönlichkeit eines Menschen ausmache. Letztlich helfe nur Kommunikation, um auf Menschen zuzugehen und ihre Bedürfnisse und Erwartungen zu verstehen. Durch mehr kulturelles Verständnis könnten Unternehmen gezielter Zielgruppen ansprechen und so ihre Reichweite erhöhen.

Bedürfnisse kommunizieren und im Team Lösungen finden

Aus diesem Grund investiert das Unternehmen viel Zeit darauf, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen und nutzt dazu die sogenannte need-oriented communication. „Bespreche nicht, was du nicht willst oder was nicht geht, sondern was du brauchst. Was brauchst du, um deine Aufgabe zu erfüllen, um dein Projekt abschließen zu können? Welche Hindernisse müssen wir als Team aus dem Weg schaffen?“, gibt Fox einen Einblick. Dann könne das Team eine gemeinsame Lösung finden.

Ein Beispiel: Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Fox: „Manchmal zögern motivierte Menschen davor, mehr Verantwortung zu übernehmen, weil sie befürchten, dadurch Zeit mit ihren Liebsten zu verlieren.“ Das Unternehmen versucht dem entgegenzuwirken, indem es etwa flexible Arbeitsmodelle anbietet.

So gäbe es bei Wamoco einen Projektleiter mit zwei jungen Schulkindern, die tagsüber Betreuung brauchen. Die Lösung: Er ist jetzt morgens bis mittags im Büro, kann die Kinder mittags betreuen und arbeitet danach im Homeoffice, während die Kinder Hausaufgaben machen oder spielen.

Auch die Möglichkeit, neben flexiblen Arbeitszeiten Kinder auch mal mit ins Büro zu nehmen, sei da. „Und wir haben manchmal einen Bürohund – das ergänzt sich ideal, dann können sich die Kinder mit ihm beschäftigen. Die ganze Atmosphäre im Büro profitiert dadurch“, so Fox.

Was bedeutet es, Verantwortung zu übernehmen?

Eine weitere Herausforderung im interkulturellen Team sei es, das Thema Eigenverantwortung anzugehen. In verschiedenen Kulturen aber auch auf individueller Ebene gäbe es unterschiedliche Auffassungen, was der Begriff für jede und jeden Einzelnen bedeute. „Oft gibt es Ängste, selbst Entscheidungen zu treffen zu dürfen oder Bedenken, dass zusätzliche Verantwortung zu einer höheren Belastung führt, welche das Verhältnis von Beruf und Privatleben verändern“, so Fox. Auch hier sei es wieder wichtig, auf need-oriented communication zu setzen. „Wir sind da so rangegangen, dass wir individuell mit den Leuten gesprochen und abgeklärt haben:  Was hast du denn für ein Verständnis davon? Warum kannst du dir vorstellen oder nicht vorstellen, mehr Verantwortung zu übernehmen?“  Das Unternehmen habe gute Erfahrungen damit gemacht, auf diese Weise individuelle Lösungen zu finden.

Frauen in den besonderen Fokus genommen

Neben kultureller Vielfalt und flexiblen Arbeitsmöglichkeiten engagiert sich Wamoco auch dafür, den Anteil der Frauen in der IT zu erhöhen. „Eine Alternative gibt es hier angesichts des Fachkräftemangels nicht. Ich glaube, viele Frauen überschätzen den Anteil des technischen, der in einem Beruf gefordert ist. Manche trauen sich auch nicht zu, sich in diese Themen reinzufuchsen“, so Fox.

Wamoco unterstützt deshalb das Avanja-Projekt, eine Initiative des Branchenverbands bremen digitalmedia mit Unterstützung der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa. Es hat sich zum Ziel gesetzt, Frauen den Weg in die IT zu erleichtern und Unternehmen zu unterstützen, Diversität und Chancengleichheit herzustellen.

„Die Initiative half uns, unsere Kommunikation besser aufzustellen. Viele Frauen fühlen sich tendenziell eher durch Purpose – also durch den Sinn ihres Tuns – angesprochen, als durch technische Aspekte. Auch wenn man natürlich auch hier auf Pauschalisierungen achten muss“, so Fox. Diese Art der Ansprache müsse man im Rekrutieren wie beim Thema Führung beachten. „Verschiedene Charaktere erfordern unterschiedliche Führungsstile“, so Fox. Hier sei es wichtig, das Führungspersonal entsprechend zu schulen. Letztendlich gehe es darum, die Wirtschaft so zu gestalten, dass sie für alle Menschen zugänglich und gerecht sei – und das spiegele sich dann auch im Unternehmenserfolg wider.


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