Wenn Sie einmal die Forschungslandschaft betrachten, was benötigt diese noch unbedingt?
Stephan Barth: Für die Wissenschaft ist es sehr schwer, an die Daten von Windparks zu kommen, denn Windparkbetreiber halten diese oftmals unter Verschluss. Dabei sind das große Schätze, in denen unheimlich viel Optimierungspotenzial steckt. Glücklicherweise setzt allmählich ein Umdenken ein und Betreiber und Hersteller merken, dass sie profitieren, wenn sie bestimmte Daten der Wissenschaft zur Verfügung stellen.
Ein Beispiel ist unser Projekt SmartBlades, in dem wir gemeinsam mit DLR und IWES intelligente Rotorblätter entwickeln. Das kann man sich ähnlich wie an einem Flugzeug vorstellen, wo der Flügel über Klappen sein Strömungsprofil verändern kann. Hersteller könnten so effizientere Anlagen bauen.
Welches ist ihr derzeitiges Lieblingsprojekt?
Stephan Barth: Zurzeit werden in Deutschland zwei Forschungswindparks errichtet, einer in Nord- und einer in Süddeutschland. Im Norden im Landkreis Stade, mit drei Anlagen. Durch die dort anfallenden Daten versprechen wir uns neue Erkenntnisse. Das wird ein großartiges Projekt.
Was finden Sie am faszinierendsten an ihrer Arbeit?
Stephan Barth: Die Windenergie ist ein Forschungsbereich, in dem Erkenntnisse schnell ihren Weg in die Anwendung finden und nicht in einer Schublade verstauben. Wir können sehen, wie unsere Ergebnisse dazu beitragen, die Welt zu verbessern, wir tragen zur Energiewende bei!
Stehen Sie noch selbst im Labor?
Stephan Barth: Nein, leider nicht! Ab und an hätte ich schon Lust, selbst etwas zu forschen. Das erlaubt mir meine Arbeit als Geschäftsführer des Zentrums jedoch nicht. Und selbst wenn ich Gelegenheit dazu hätte – die Forschung ist so weit vorangeschritten, dass ich heute gar nicht mehr in der Lage bin, die komplexen Geräte ohne Einweisung zu bedienen. Wenn ich von meinem Büro im WindLab der Universität Oldenburg ein paar Stufen hinunter in die Labore gehe, staune ich jedes Mal, was da passiert. Insofern habe ich nicht ganz den Anschluss verloren
(lacht).
Wenn Sie einmal völlig frei herumspinnen könnten, was würden Sie sich an Forschungsinfrastruktur für den Norden wünschen?
Stephan Barth: Wenn ich aber völlig frei herum spinne, würde ich mir einen Windkanal erträumen, der so groß ist, dass eine moderne Anlage hineinpasst! Windkanäle sind immer ein Kompromiss, die Skalierung vom kleinen Modell zur großen Anlage ist gar nicht so einfach und erfordert Abstriche. In Realgröße zu testen, das wär schon was – aber natürlich völlig utopisch und schlichtweg unbezahlbar.
Herr Barth, vielen Dank für das Gespräch!
Über Stephan Barth
Barth ist als promovierter Physiker seit 15 Jahren in der Windbranche tätig. Von 2007 bis 2008 forschte er in den Niederlanden, seit 2008 arbeitet der 42-jährige als Geschäftsführer von ForWind - Zentrum für Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen.
Kontakt zum bremischen Koordinator von ForWind:
Christian Zorn
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