Wie die Wasserstoffinfrastruktur in der Hansestadt wächst
Wie fährt sich ein Wasserstoffauto? Wie funktioniert das Tanken? Und ist das alles sicher? Viele Fragen gibt es rund um das Fahren mit Wasserstoff. Auf einer Tour durch Bremen gibt uns ein Nutzer der ersten Stunde Einblick – und zeigt uns zugleich, was rund um das flüchtige Gas noch alles passiert in Bremen.
Wir stehen an der einzigen öffentlichen Wasserstofftankstelle in der Stadt Bremen – im Ortsteil Osterholz. Neben Benzin und Diesel liefert eine der Zapfsäulen das flüchtige Gas. Ein dicker Schlauch führt in den Zapfhahn. Wer ihn mit dem Tank verbindet muss erst auf das OK der Zapfsäule warten, die die sichere Verbindung automatisch testet (ein „Knall“ ertönt), bis der Wasserstoff fließt. Denn ohne sicheren Verschluss geht hier nichts.
Den Zapfhahn bedient heute Ronald Rose. Der Bremer tankt hier regelmäßig seinen Toyota Mirai voll. Und das heißt: Bis zu 5,6 Kilogramm Wasserstoff. Klingt nicht viel – aber komprimierter Wasserstoff hat eine hohe Energiedichte. „Realistisch kommt man damit rund 450 Kilometer weit“, sagt der begeisterte Wasserstoff-Fan. 12,85 Euro kostet das Kilogramm zurzeit, das heißt rund 16 Euro pro 100 km.
Die Tankstelle presst das energiereiche Gas mit bis zu 800 bar in das Auto, um den Tank mit einem Druck bis maximal 700 bar zu füllen, nach wenigen Minuten geht die Fahrt weiter. „Tanken geht so schnell und einfach wie mit einem Verbrenner“, schildert Rose.
Schneller Antritt, ruhige Fahrt
Auf der Straße fährt sich die Limousine wie ein Batterieauto: kraftvoll beim Tritt auf das Gaspedal, und ruhig beim sanften Dahingleiten. Das Cockpit dominieren zwei große Bildschirme, analoge Anzeigen sucht man hier vergebens. Selbst der Rückspiegel ist ein Display.
„Ich verstehe mich als Botschafter für Wasserstoff. Ich habe bereits einige Fahrzeuge erfolgreich vermittelt. Die Fahrzeuge sind absolut alltagstauglich“, sagt Rose, während er das Fünf-Meter-Auto durch den Straßenverkehr lenkt.
Rose ist Geschäftsführer des Bremer Mineralölhandels BMÖ. Er betreibt 36 Tankstellen im Großraum Bremen, liefert Heizöl und Schmierstoffe an den Großhandel. Eigentlich sind fossile Brennstoffe sein Metier.
Was hat so einer mit Wasserstoff am Hut?
Für den Bremer ist das Fahren mit Wasserstoff aber ein Herzensprojekt und Zukunftsvision zu gleich. „Ich mach das für meine Kinder. Junge Menschen haben ein Recht auf Zukunft und ich bin einer, der nach vorne denkt. An das, was morgen kommt“, so der 58-Jährige.
Und im Morgen sieht er den Wasserstoff als einen zentralen Energieträger der Energiewende. Um diese Zukunft mitzugestalten, setzt er heute schon auf Wasserstoff. Nicht nur in seinem Alltag, sondern auch im Geschäftlichen: In Oldenburg betreibt er bereits eine Wasserstoff-Zapfsäule, in Cuxhaven und im Bremer Stadtteil Oslebshausen sollen weitere hinzukommen.
Erste Station: Enginius
Auch aus diesem Grund führt er uns heute mit seinem Wasserstoff-Toyota durch Bremen. Anlässlich der Wasserstoff-Tage der Metropolregion Nordwest fahren verschiedene Fahrzeuge durch Norddeutschland und überbringen Grußkarten – und wollen damit für Aufmerksamkeit sorgen.
Der erste Stopp ist das Betriebsgelände von Enginius, keinen Kilometer von der Wasserstofftankstelle in Bremen-Osterholz entfernt. Hier begrüßt uns Carlos Aramayo, Geschäftsführer des deutschlandweit ersten Herstellers von reinen Wasserstoff-Nutzfahrzeugen. Die Tochterfirma der FAUN-Gruppe produziert hier die Chassis für wasserstoffbetriebene Müllwagen und wird auch in diesem Jahr weitere Nutzfahrzeuge für den Schwerlastverkehr im Programm aufnehmen.
Rose hat den zukünftigen Bedarf im Blick
Auch Rose möchte künftig auf Wasserstoff-LKWs setzen. In ihnen sieht er großes Potenzial. „Ich baue keine Tankstellen für die derzeitige Nachfrage. Dafür gibt es einfach zu wenig Wasserstoff-Autos auf den Straßen. Im Bereich der Nutzfahrzeuge sieht es in wenigen Jahren aber anders aus. Neben Enginius sitzen auch die großen Hersteller alle an dem Thema“, schildert er. Und gibt zu: „Natürlich werden wir dafür erst einmal Geld investieren müssen. Aber wir glauben an die Technologie. Wir können sie heute schon nutzen und sie wird in Zukunft besser.“
Wasserstoff steht manchmal in Konkurrenz, manchmal in Ergänzung zu alternativen, umweltfreundlichen Antrieben, wie etwa der reinen Batterietechnologie. Für verschiedene Anwendungsgebiete wie den Straßen- und Schienenverkehr, Flugzeuge oder Schiffe gibt es Anwendungsfälle. Welche Technologie sich am Ende durchsetzen wird, steht heute noch nicht fest.
Die Energiewende ist ein Gemeinschaftsprojekt
„Es gibt nicht die eine Technik, die für alles klappt. Batterien sind kein Allheilmittel. Und wir liefern die Alternative“, stimmt auch Ronald Rose dieser Einschätzung zu, während er seinen Toyota auf die Stadtautobahn A27 steuert, auf dem Weg zur nächsten Station seiner Wasserstofftour. Auch hier gleitet das Fahrzeug mühelos dahin. 134 kW hat der Elektromotor, der seinen Strom von einer Batterie erhält, die während der Fahrt von der Brennstoffzelle geladen wird.
Der nächste Halt ist in der Bremer Innenstadt – genauer: Die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa, die ebenfalls eine Grußkarte erhält. Und die maßgeblich an der Wasserstoff-Zukunft arbeitet, etwa über die Geschäftsstelle Wasserstoffwirtschaft.
Die Energiewende gelingt nur im Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Politik, weiß man hier. In Bremen werden die Weichen für diese Zukunft gestellt, mit zahlreichen Projekten rund um erneuerbare Energien und Wasserstoff.
Auch Rose ist offen für diese Art von Zusammenarbeit. In Oldenburg ist er zum Beispiel Partner im Projekt „H2.OL“, bei der Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam eine Wasserstoffinfrastruktur in der norddeutschen Stadt schaffen wollen. Und in Bremen arbeitet er derzeit an einem „H2 Hub“ im Westen Bremens, der klimaneutral erzeugtes Gas verschiedenen Verbraucher:innen regional bereitstellen soll.
„Ich finde es erfrischend, wie offen die Politik in Bremen für das Thema Wasserstoff ist“, sagt der Geschäftsführer.
Rose ist ein Idealist, aber einer, der anpackt und seine Vision durchziehen will. Zwölf seiner Tankstellen will er mittelfristig mit Wasserstoff-Zapfsäulen ausrüsten. Natürlich schafft er sich so auch eine Zukunftsperspektive, denn reine Batterieautos fahren in der Regel nicht an die Tankstelle, weil sie zum „Tanken“ längere Zeit an Ladestationen angeschlossen sein müssen. Und mit seinen Projekten schiebt er nicht nur technischen Fortschritt an, sondern schafft auch Nachfrage.
Wasserstoff zu Land und zu Luft
Die letzte Station der Reise führt uns in die Airport-Stadt Bremen, ins ECOMAT. Im Forschungs- und Technologiezentrum arbeiten rund 500 Wissenschaftler:innen unter anderem am klimaneutralen Fliegen.
Wasserstoff gilt als ein aussichtsreicher Energieträger für Flugzeuge. Im Gegensatz zum Wasserstoffauto setzt das Flugzeug auf kryogenen Wasserstoff – auf knapp 250 Grad unter Null heruntergekühlt. Bei dieser Temperatur wird das Gas flüssig und nimmt so weniger Platz ein. Zudem sind die Tanks leichter als im Auto – dafür aber komplizierter und auch teurer.
Im Bremer Forschungszentrum wird genau an diesen Tanks geforscht, in den letzten Wochen entstanden zum Beispiel Testeinrichtungen, an denen Wissenschaftler:innen neue Materialien untersuchen können. Dr. Ernö Sándor Németh vom Faserinstitut nimmt hier die Grußkarte entgegen, schnell ist man im Austausch über das Wasserstoffauto und Themen wie Tanks vom Typ4, Druckstufen und den Verlusten von Tanks, dem Diffundieren von Wasserstoff, und was mit den „Nachbarn“, der ArianeGroup, gemeinsam umgesetzt wird.
Am ECOMAT endet auch die Tour durch Bremen. Wasserstoff-Enthusiast Rose zieht ein positives Fazit der kleinen Spazierfahrt. „Es gibt noch vielfach Angst vor Wasserstoff – aber das ist völlig unbegründet. Wir können sicher mit Wasserstoff umgehen. Und die Fahrt heute hat gezeigt, dass in Bremen bereits einiges passiert“, resümiert er. „Ich würde mir wünschen, dass dies aber erst der Anfang ist. Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen, es gibt noch viel Luft nach oben.“
Wasserstoff-Tankstellen im Nordwesten
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Die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa
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Für Innovationsmanagement Wasserstoff, Bremerhaven
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