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Wie hilft eigentlich die EU in Zeiten von Corona? #1

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Maßnahmen im Bereich Wirtschaft und Finanzen

Die Maßnahmen von Bund und Ländern zur Eindämmung der Corona-Pandemie und zur Unterstützung betroffener Sektoren sind in aller Munde. Dass der Großteil der Unterstützungsprogramme von Land und Bund kommen, ist zunächst einmal nachvollziehbar: viele Kompetenzen, etwa in den Bereichen Gesundheit, Katastrophenschutz oder Wirtschaftsförderung liegen auf nationaler und regionaler, nicht aber der europäischen Ebene. Dies in der Regel aus gutem Grund, weil diese Themen dort besser behandelt werden können, so besagt es das bekannte Subsidiaritätsprinzip.

Es ist einiges passiert in Brüssel

In letzter Zeit wurde dieses viel beschworene Prinzip jedoch zum Bumerang für die EU-Institutionen: Ihnen wurde im Zusammenhang mit Corona immer wieder Untätigkeit vorgeworfen. Das ist aus zwei Gründen unpassend: weil erstens die Mitgliedstaaten die in Rede stehenden Kompetenzen nicht auf die europäische Ebene übertragen haben und es zweitens dort, wo es möglich ist, eine ganze Reihe an bemerkenswerten europäischen Initiativen gibt. In loser Reihenfolge stellt die Landesvertretung Brüssel die wichtigsten Maßnahmen auf europäischer Ebene im Hinblick auf die Corona-Pandemie vor, beginnend mit denen im Bereich Wirtschaft und Finanzen. Weitergehende Informationen finden sich in den Verlinkungen.

Beihilferegeln flexibilisiert, nationale Hilfemaßnahmen möglich gemacht

Mit der Flexibilisierung des Beihilferahmens hat die EU-Kommission die Voraussetzung dafür geschaffen, dass weitreichende nationale Unterstützungsmaßnahmen in Kraft treten konnten. Der temporär angepasste Beihilferahmen ermöglicht u.a. die Zahlung direkter Zuschüsse, selektive Steuervorteile, staatliche Garantien für oder vergünstigte öffentliche Bankdarlehen an Unternehmen, um die krisenbedingten Verwerfungen in der Wirtschaft abzumildern und so Arbeitsplätze zu erhalten. Bereits jetzt konnten so viele nationale Maßnahmen, darunter auch die deutschen, im Umfang von mehreren hundert Milliarden Euro bewilligt werden.

Investitionsinitiative zur Bewältigung der Corona-Krise (CRII)

Parallel stellte die Europäische Kommission die europäische Investitionsinitiative zur Bewältigung der Corona-Krise vor. Kernelemente sind der Verzicht auf die Rückzahlung nicht in Anspruch genommener Mittel der Mitgliedstaaten, die mit einer entsprechenden Ko-Finanzierung aus dem EU-Haushalt ein Investitionsvolumen von 37 Mrd. EUR ergeben, eine Umwidmung nicht zugeordneter Mittel der Struktur- und Kohäsionsfonds (ca. 28 Mrd. EUR) sowie eine Anpassung verschiedener Verordnungen, damit sämtliche Ausgaben zur Bekämpfung des COVID-19-Virus und seiner Folgen in den Mitgliedstaaten förderfähig sind. Bemerkenswert an dieser Stelle war auch hier das rekordverdächtige Tempo der EU-Institutionen, so dass die Maßnahmen bereits am 1. April in Kraft treten konnten.

Eine Milliarde Unterstützung für 100.000 kleine und mittlere Unternehmen

Während in Deutschland die KfW als wichtigster Akteur bei der Vergabe von staatlichen Beihilfen auf Bundesmitteln aktuell in aller Munde ist, verfügt auch die Europäische Union mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) über eine eigene Förder- und Entwicklungsbank. Die EU-Kommission hat aus dem Fonds für strategische Investitionen (EFSI) eine Milliarde Euro als Garantie für den Europäischen Investivionsfonds (EIF) bewilligt. Mit diesen Garantien sollen Banken und andere Kreditgeber rund 100.000 europäischen KMU und Midcaps Liquidität verschaffen und Finanzmittel in Höhe von acht Milliarden Euro mobilisiert werden.

Diese und viele weitere Maßnahmen zur Abfederung der Krise sorgen auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene zu Ausgabeerhöhungen, die einher gehen mit Einnahmeausfällen aufgrund der erheblich eingeschränkten wirtschaftlichen Tätigkeit. Auch darauf hat die EU reagiert, zunächst insbesondere mit der Aktivierung der sogenannten „allgemeinen Ausweichklausel“ des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

Verschuldungsgrenzen werden angepasst

Während der Pakt in regulären Zeiten für fiskalische Stabilität sorgen soll, könnte er im aktuellen Ausnahmefall schuldenfinanzierte staatliche Ausgaben zur Eindämmung und Abfederung der Krise verhindern, und dadurch die Krise weiter verschärfen. Ende März wurde daher die Ausweichklausel aktiviert, die höhere staatliche Defizite zur Finanzierung der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie zulässt. Dies wird auch ganz konkret Deutschland betreffen, weil die Corona-Maßnahmenpakete im Wesentlichen schuldenfinanziert sind. Zwar ist für die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes auch grundsätzlich die Bundesebene zuständig, doch beziehen sich seine Regelungen auf die Ausgaben und Einnahmen aller öffentlichen Haushalte, also auch die der Länder. Vor diesem Hintergrund ist die Aktivierung der Klausel auch für Bremen relevant, wenn die nun höhere Flexibilität der gesamtstaatlichen Defizitregeln auch auf die Länderebene durchschlägt.

Grafik zur Auswirkung auf die Wirtschaft durch das Coronavirus

Diskussion um weitere Instrumente

Innerhalb der EU-Institutionen wie auch in der öffentlichen Debatte in vielen Mitgliedstaaten wird zurzeit über sogenannte „Corona-Bonds“ diskutiert: Anleihen, für die alle EU (oder Euro-)Staaten gemeinsam haften sollen. Einige Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, lehnen Corona-Bonds jedoch ab. Die Euro-Finanzminister haben sich daher zunächst auf eine vorsorgliche Kreditlinie des ESM mit sehr wenigen Konditionen in Höhe von 240 Mrd. Euro, EIB-Kredite in Höhe von 200 Mrd. Euro sowie eine europäisch garantierte Finanzierung von Kurzarbeitsregelungen in Höhe von 100 Mrd. Euro geeinigt. Außerdem soll damit begonnen werden, an einem „Recovery Fund“ der EU zu arbeiten. Kommissionspräsidentin von der Leyen hat zudem angekündigt, einen überarbeiteten Vorschlag für einen neuen Mehrjährigen Finanzrahmen der EU ab 2021 vorzulegen. Dieser solle als „Marshall-Plan“ zur Finanzierung der Corona-Folgen dienen, d.h. in großem Stil Investitionen finanzieren. Explizit nannte Frau von der Leyen dabei auch die Kohäsionsmittel als wichtiges Instrument – diese sind insbesondere für Regionen wie Bremen von großem Interesse.

Fazit

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen und Initiativen auch von europäischer Ebene, mit denen auf die Corona-Krise und ihre Folgen reagiert wird. Und sie haben teils direkte, teils indirekte Wirkung auf das Land und Bremer Akteur*innen – sei es durch neue Liquiditätsmöglichkeiten, durch zunächst defizitfinanzierte Hilfen im Landeshaushalt oder die Flexibilisierung von Beihilferegelungen. Das Ziel ist klar: Auch durch diese Beiträge sollen die Auswirkungen der Krise beherrschbar bleiben.

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